Wittlohes grüne Lunge
Jörn Dirk Zweibrock 17.11.2016
Stolz hält Luisa Bargmann Töchterchen Emma im Arm. Die Lütte ist gerade einmal 21 Monate alt, hat ihre knallroten Gummistiefel aber schon bestens eingelaufen. Gut, manchmal verliert sie noch einen, meist dann, wenn sie von ihrer Mutter Luisa durch den St.-Jakobi-Wald getragen wird. Wittlohes Pastor Wilhelm Timme hat die Kleine am 11. Juni dieses Jahres
getauft, als nachträgliches Taufgeschenk haben sich ihre Eltern nun etwas ganz Besonderes für die süße Maus ausgedacht: Beim Pflanztag im St.-Jakobi-Wald Sonnabend, 19. November 2016, buddeln sie für die neue Erdenbürgerin ein Bäumchen in die Wittloher Erde ein. „Als uns Pastor Timme beim Taufgespräch davon erzählt hat, waren wir sofort begeistert von der Idee, für Emma etwas Bleibendes zu schaffen“, erzählt Luisa Bargmann strahlend.
50 Bäumchen, so viele wie noch nie, werden an diesem Sonnabend ab 15 Uhr im St.-Jakobi-Wald gepflanzt. „Wir haben sogar Anmeldungen aus der katholischen Pfarrgemeinde St. Josef in Verden und aus Achim. Auch die Superintendentin pflanzt einen Baum“, freut sich Wilhelm Timme über die große Resonanz. Die Idee, in seiner Kirchengemeinde solch einen Wald einzurichten, hat er übrigens von einem Vortrag beim Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven mitgenommen. „Die Referentin hat dargelegt, dass unsere Luft immer schlechter wird, den Menschen zunehmend das Atmen schwerer fällt.“ Besonders ihr Tipp, Bäume fürs Klima zu pflanzen, ist ihm so sehr im Gedächtnis geblieben, dass er gleich seinem Kirchenvorstand davon berichtet hat. Jutta Bönsch, Rolf Thoenelt und die anderen Kirchenvorsteher waren sofort Feuer und Flamme.
Nachdem sich die Kirche dazu entschlossen hatte, auf 1400 Quadratmeter verpachtetes Land und damit folglich auch auf Einnahmen zu verzichten, machten sich die hemdsärmeligen Wittloher ans Werk. Seit 2013 werden in ihrem Geburten-, Konfirmations- und Jubelhochzeitswald nun also schon anlassbezogen Eichen, Buchen, mehrere Ahorn-Arten, Ebereschen, Roterlen sowie Wildäpfel und -birnen gepflanzt. „Die Liste der verschiedenen Laubbäume wird jeweils mit dem Förster festgelegt“, verrät Wilhelm Timme, dass nun erstmalig auch Linden im Jakobi-Wald gepflanzt werden dürfen. Wer Lust hat, dort ein Bäumchen einzubuddeln, sollte sich also vor dem jeweiligen Pflanztag – der nächste findet wieder im April statt – mit dem Pfarrbüro in Verbindung setzen. „Der Kirchenvorstand beschafft dann die Setzlinge“, erläutert Jutta Bönsch. Kostenpunkt: Zehn Euro pro Baum. Selbst die Pflanzlöcher werden im Vorfeld schon von den fleißigen Helfern ausgehoben, die Pfosten mit den Plaketten (individuelle Inschriften) in den Boden gerammt.
Bedeutet, dass Emma und ihre Eltern am Sonnabend lediglich Schaufel und Spaten von zu Hause mitbringen müssen. Der Pflanztag im Jakobi-Wald beginnt wie immer mit einer kleinen Andacht, wird musikalisch vom Posaunenchor Kirchlinteln begleitet. „Jeder darf anlassbezogen aber nur einen Baum pflanzen“, gibt der Pastor zu bedenken. Mittlerweile hat sich das Grün nämlich schon so sehr ausgedehnt, dass auf der ursprünglich 1400 Quadratmeter großen Fläche bereits 115 Bäume sprießen. Auch Kira Georg, die gerade ihren Freiwilligendienst bei der Kirchengemeinde Otersen-Wittlohe ableistet, hat dort zu ihrer Konfirmation schon einen Baum gepflanzt. Weil die erste Pflanzfläche aus allen Nähten platzte, sind Pastor und Kirchenvorstand daraufhin auf eine benachbarte Fläche ausgewichen. Die misst einen Hektar, zählt auch schon wieder rund 120 Bäume, so dass nach Adam Riese im St-Jakobi-Wald mittlerweile bereits weit über 200 Bäume wachsen und gedeihen.
Wilhelm Timme hofft, dass der Brunnenbauer in diesen Tagen erfolgreich ist, die neue Anlage beim Pflanztag am Sonnabend gleich mit eingeweiht wird. Jutta Bönsch und Rolf Thoenelt wissen nämlich nur allzu gut, dass es mancher Baumpate mit der Pflege nicht immer ganz so ernst nimmt, in Trockenzeiten gern einmal das Gießen vergisst. Für 2017 hat Kira Georg zudem den Bau eines Insektenhotels im Jakobi-Wald initiiert.
Der Pastor ist jedenfalls sehr stolz auf sein Gemeindeprojekt mit ökologischem Ansatz, das bislang im Landkreis Verden noch seinesgleichen sucht. Aus seiner Zeit als Geistlicher im südlichen Amazonas-Gebiet weiß Wilhelm Timme nur allzu gut, wie wichtig Umweltschutz doch ist. „Der Regenwald ist die Lunge der Erde und wird von den Menschen leider sehr schlecht behandelt“, spielt er auf die Rodungen im brasilianischen Urwald an. Umso mehr freut er sich, dass mittlerweile in Wittlohe eine neue grüne Lunge heranwächst. Mit den Bäumen des Lebens. Übrigens: Emmas Uroma hat auch schon ein Bäumchen im Jakobi-Wald gepflanzt – zu ihrem 80. Geburtstag
Foto oben: Umgeben von den Bäumen des Lebens: Wilhelm Timme (v.l.), Kira Georg, Jutta Bönsch, Rolf Thoenelt, Emma und Luisa Bargmann. (Fotos: Björn Hake) Quelle