Verden - Im November 2014 fiel mit der Auftaktveranstaltung im Kreishaus der Startschuss für das „Netzwerk Erinnerungskultur“. Diese Initiative des Kreistages hat es sich zum Ziel gesetzt, die Regionalgeschichte des 20. Jahrhunderts im Landkreis Verden aufzuarbeiten. Daraus entstanden sind fünf verschiedene Arbeitsgruppen, die sich im vergangenen Jahr fünfmal getroffen haben. Jetzt präsentierten sie im Kreistagssaal erste Ergebnisse ihrer Arbeit.
„Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, was in diesen AG´s geleistet wurde“, so Landrat Peter Bohlmann in seiner Begrüßung anerkennend.
Karlheinz Gerhold stellte anschließend die Ergebnisse der AG 1 vor. Hier geht es um die Ausarbeitung eines Grundsatzpapiers. Demnach wird die Lenkungsgruppe vom Kreistag legitimiert, die Entscheidungskompetenzen liegen beim Kreistag und dem Landrat. Basis des Netzwerkes bilden die fünf Arbeitsgruppen.
Die beiden ehemaligen Lehrer Harm Schmidt und Hans-Jürgen Lange von der AG 2 erläuterten, wie sie sich die didaktische Aufarbeitung der Arbeitsergebnisse speziell für die junge Generation vorstellen. Dieses könne im Schulunterricht oder in der Arbeit kirchlicher Gruppen, zum Beispiel im Konfirmandenunterricht, geschehen.
Damit das Interesse an der Erinnerungskultur geweckt wird, müssten Ereignisse mit konkreten geschichtlichen Menschen und ihren Situationen verbunden und so erlebbar gemacht werden. „Man muss sich hineinversetzen können“, machte Lange deutlich. Emotional angesprochen würden Jugendliche etwa, wenn sie sich mit dem Tod junger Soldaten im Krieg beschäftigten. Als weitere Themen, die mit den Jugendlichen erarbeitet werden könnten, nannten Schmidt und Lange unter anderem die Reinigung der Stolpersteine in Achim und Verden, eine Gedenkfeier auf den Kriegsgräberfriedhöfen, die Pflege der jüdischen Friedhöfe in Verden, Achim und Ottersberg oder die Beschäftigung mit der Geschichte des Sachsenhains. Es biete sich ferner an, einen Bogen zurückzuschlagen, indem man die Situation der Flüchtlinge damals und heute vergleicht, erklärte Schmidt.
Die AG um Superintendentin Elke Schölper beschäftigte sich mit den Gedenkorten und den Orten des Erinnerns. Es wurden mehrere dieser Orte aufgesucht. Das Arbeitsziel sei, zu den Gedenkorten Informationen zu sammeln, Kontaktdaten zu erfassen und zu veröffentlichen, die Gedenkorte zu systematisieren und die Eingabe von Suchbegriffen zu ermöglichen. „Wir wünschen uns eine onlinegestützte Datenbank mit der Möglichkeit der Weiterbearbeitung“, erläuterte Schölper. Auch das Modell einer möglichen Homepage mit Informationen zum Gedenken im Landkreis Verden und aktuellen Veranstaltungshinweisen wurde vorgestellt.
Pastor Wilhelm Timme von der AG „Reichsbahnwaggon“ stellte die Ergebnisse seiner Gruppe vor. Demnach soll der Waggon auf dem Gelände der BBS verbleiben. „Er ist per se keine Instanz der Schuldzuweisung“, betonte Timme. Daher solle eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit der Erinnerung an die Vergangenheit gefunden werden. Ziel sei es, jungen Menschen, Erwachsenen, vor allem auch Touristen zum Besuch des Waggons zu motivieren. Dabei müsse dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass auf dem Gelände der BBS „etwas abgestellt“ worden sei. In diesem Zusammenhang müsse auch über die Gestaltung des Umfeldes nachgedacht werden. „Um den Waggon aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken, muss das Projekt seiner Begehbarmachung schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden. Die handwerkliche Arbeit sollten unter Anleitung von Schüler- und Konfirmandengruppen geleistet werden“, so Timme. Es sei mit Kosten in Höhe von 20000 Euro zu rechnen.
Abschließend berichtete Dr. Sabine Wahba über „Theorie und Praxis der Erinnerungskultur“. Hier geht es um die Technik der Zeitzeugenbefragung. Am 21. Mai findet in der KVHS, von 10 bis 16 Uhr, ein Workshop mit der Historikerin Dr. Kristina Vagt statt. Behandelt wird, wie ein Interview vorbereitet und durchgeführt wird, welche Interviewformen es gibt und wie die Ergebnisse aufgearbeitet werden. Anmeldungen sind ab sofort bei der KVHS Verden möglich. ahk
30. Januar 2016