Henning Pertiet zieht alle Register
Im wahrsten Sinne des Wortes alle Register gezogen hat der Verdener Bluespianist Henning Pertiet bei seinem Konzert an der Orgel in Wittlohe. Er brachte auf ganz spezielle Art das 120 Jahre alte Instrument aus dem Hause Furtwängler zum Klingen.
Das Konzert begann in der Stille, immer mehr steigerten sich dann langsam die Klänge, die Pertiet auf ungewöhnliche Weise der Orgel entlockten vermochte. Wie Wolken, die sich zusammenziehen, bildet Pertiet tonale Formationen. Virbratoreich, aufbrausend und sich wieder beruhigend, kamen sie dem Hörer entgegen. „Da taucht man ganz ab“, sagte ein Zuhörer, ein anderer meinte „apokalyptische Elemente“ entdeckt zu haben.
Dies ist Absicht, denn Pertiet zieht nicht nur alle, sondern auch neue Register auf der Orgel. Freie Improvisation auf dem Instrument gibt es schon in der Musiklandschaft, aber so archaisch wie bei Pertiet ist dieses Genre selten anzutreffen. Doch es lassen sich auch Elemente aus Jazz und Boogie entdecken, ab und zu schlichen sich, an diesem Instrument fast unvermeidbar, auch ein paar klassische Kirchenklänge ein.
Seit dem Frühjahr bereist Pertiet Kirchenorgeln, es schien so, als gelte diesen Instrumenten seine neue Liebe. Das ist nicht verwunderlich, denn seine ersten Klavierstunden hatte der Blues- und Boogiepianist bei Gerhard von Schwarz, dem bekannten Kirchenmusikdirektor des Verdener Doms.
Pertiet hat für seine Auftritte moderne Orgelkomponisten studiert, Oliver Messiean ist für ihn dabei der wegweisende Komponist. Ihn mag man auch durchhören, wenn Pertiet seine Töne schlicht, manchmal sensibel, manchmal auch ziemlich brutal. Von dumpf bis hell, das ganze Spektrum an Tonalität wird ausgeschöpft.
Nach all der Fülle von Tonfarben endet Pertiet einfarbig, monoton, die Orgel bläst ihren Geist aus. Bis zur Improvisation auf der nächsten Orgel.
Bericht aus der Verdener-Aller-Zeitung vom 5. Juli 2014, von Johanna Zeuner