Abraham, Abraham, verlass dein Land und deinen Stamm!
Mach dich auf die lange Reise in ein Land, das ich dir weise.
Du sollst gegen allen Schein Vater meines Volkes sein.
Abraham, Abraham, verlass dein Land und deinen Stamm!
Ich versprech‘ dir meinen Segen, bin mit dir auf allen Wegen;
alle Menschen, groß und klein, soll’n in dir gesegnet sein.
Abraham, Abraham, verlässt sein Land und seinen Stamm.
Auf das Wort hin will er’s wagen; ohne Klagen, ohne Fragen
steht er auf und zieht er fort, Richtung zeigt ihm Gottes Wort.
Mit diesem biblischen Erzähllied (EG 311)begann am Samstag, 24. Oktober 2015, eine ganztägige Besuchsdienstschulung im Gemeindehaus Kirchlinteln, an der neben weiteren Besuchsdiensten aus der Umgebung auch der Wittloher Besuchsdienst mit großem Interesse teilnahm. Referentin war Helene Eißen-Daub, Pastorin und Referentin für Besuchsdienstarbeit im Haus kirchlicher Dienste in Hannover. Die Organisation lag in diesem Jahr beim Kirchlintelner Besuchsdienst unter Leitung von Ilse Wagner.
Nach einer Vorstellungsrunde ging es einleitend und in Bezug auf die nachfolgende Bibelarbeit um die Frage, was wir eigentlich unter dem Begriff „Segen“ verstehen. Es gab viele interessante Beiträge hierzu und festzustellen war, dass allein die Beschäftigung mit diesem Wort wie ein Riesenfächer wirkte, der für entspannte, freundliche Gesichter sorgte und Gottes Segen im Raum spürbar machte. „An Gottes Segen ist alles gelegen“, sagt der Volksmund und benennt damit Gott als Ursprung des Segens.
Um Gottes Segen ging es auch in Jakobs Kampf am Jabbok, Foto links (1. Mose/Genesis 32, 23-33). Jakob, der einst seinem Bruder Esau durch einen Trick das Erstgeburtsrecht abgenommen und sich den Segen seines Vaters Isaak betrügerisch erschlichen hatte und nun nach 20 Lebensjahren in der Fremde wieder auf dem Weg nach Hause ist, kann sich nahe dem Ziel, kurz vor dem von Gott verheißenen Land, dem bisher erfahrenen Segen nicht endgültig sicher sein. Der Segen muss nun neu errungen und erlitten werden. Jakob (= Betrüger) kämpft am Jabbok mit Gott und bekommt einen neuen Namen: Israel = Gott streitet für uns. Nach diesem Geschehen versöhnen sich die beiden Brüder, als sie sich begegnen.
Es wurde deutlich, dass der Segen manchmal auch erkämpft werden muss, wenn es z. B. um Anerkennung, um friedliche Problemlösungen oder um das Ringen um Vergebung geht. Solchen Situationen begegnen wir immer wieder auch in der Besuchsdienstarbeit. Viele Beispiele wurden hierzu genannt.
Das nächste Bibelgespräch hatte zum Thema „Aufbrechen müssen ...“ und bezog sich auf Abrahams Berufung und Wanderung nach Kanaan (1. Mose 12, 1-9). - siehe hierzu auch den anfänglichen Liedertext. Diesen Aufbruch haben wir in Bezug gesetzt zur heutigen Flüchtlingssituation. Wir haben uns vorgestellt, wir müssten in vier Wochen Deutschland verlassen und aufbrechen in ein anderes Land. Es gab vielfältige Überlegungen, wen und was wir auf alle Fälle mitnehmen würden, welche Befürchtungen und Gefühle uns begleiten würden und worin im Aufbruch auch eine Chance liegen könnte.
In der Berufung Abrahams und der Segenszusage an ihn setzt Gott dem seit der ersten Sünde anwachsenden Fluch den Segen entgegen. Wie der Fluch sich auf die ganze Menschheit auswirkte, so soll nun der Segen die ganze Menschheit erreichen. Zum Mittler des Segens wird Abraham erwählt. Jemand segnen bedeutet hier so viel wie jemand Gutes wünschen, ihm Wohlwollen zeigen, mit ihm Gemeinschaft pflegen.
Im letzten Schulungsteil ging es um Ruths Aussage: „Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott“ (Ruth 1, 1-16). Dieser Spruch wird oft als Trauspruch gewünscht. Im Buch Ruth aber wird berichtet, dass Ruth dieses zu ihrer Schwiegermutter Noomi sagte, nachdem deren Mann und beide Söhne verstorben waren und sie aus den Feldern Moabs zurückkehren wollte nach Bethlehem, ihrer früheren Heimat.
Das Verhältnis von Ruth und Noomi erscheint uns eher fremd. Eine solche Solidarität von Frauen erleben wir eher zwischen Freundinnen. Zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter ist diese eher selten. So wurden dann im weiteren Schulungsverlauf auch in Kleingruppen Stichworte gesammelt, die den Teilnehmerinnen zum Begriff Schwiegermutter einfielen.
Im Besuchsdienst stoßen wir immer wieder auf Frauen, die von einem nicht so guten Verhältnis zu ihren Schwiegertöchtern oder –Müttern erzählen und dieses beklagen. Rivalitäten und Neidgefühle sind nicht selten. Wünschenswert wäre hier für die Besucherin oder den Besucher, vielleicht die Gedanken vom Klagen weg in eine andere Richtung zu lenken und zu hinterfragen, was die beiden Frauen dennoch verbindet, was sie aneinander schätzen und wie der Kontakt besser gelingen kann.
Reich an neuen Eindrücken und mit Gottes Segen endete die Veranstaltung mit einem herzlichen Dank an Helene Eißen-Daub und den Kirchlintelner Besuchsdienst, der alles toll organisiert und für beste Bewirtung gesorgt hatte.